
Topfglück
Was passiert, wenn Musikwünsche zusammengerührt werden? Es entsteht ein Eintopf, englisch potluck genannt, eingedeutscht also Topfglück.
Mit gleich zwei Konzerten – eines in der Kantine des DESY in Hamburg-Lurup am 11.4. und eines in der Aussegnungshalle des Halstenbeker Friedhofes am 13.4.25 beglückte der Chor am Deutschen Elektronen Synchrotron das Publikum. Die Moderation übernahm der Chorleiter Axel Schaffran auf seine charmante Art mit informativen Erläuterungen zu den einzelnen Stücken.
Trotz Umrührens gab es kleine Unterthemen. Das erste: naturbetrachtungen
Der Frühling wurde kraftvoll, pointiert und vielstimmig mit La fanfare du printemps (Joseph Bovet, ca. 1920) angekündigt, gefolgt vom zarten, romantischen Die linden Lüfte sind erwacht (Ludwig Uhland/Franz Schubert, 1812/1822).
Das Meeresrauschen erklang in der Hommage von Charles Trenet(1943): La mer.
Und eine tierische Sängerin mit ihrem langen Gezirpe wurde schon im Mittelalter in Il grillo (Josquin Leboitte „Desprez“, um 1500) beobachtet und vom Chor schön wiedergegeben.
Im vermischten Liebesschmus erklangen aus der Rubrik „Frisch verliebt“ Friday I’m in love ((The Cure, 1992) und For the longest time (Billy Joel, 1983), gefolgt von den eher „poetischen Fraktion“ mit Wenn ich ein Vöglein wär‘ (Johann Gottfried Herder/Robert Schumann, 1840), das englische Sonett Shall I Compare Thee to a summers day (Text: William Shakespeare, 1599/Vertonung:Nils Lindberg, 1989) und La vie en rose (Edith Giovanna Gassion „Piaf“/Louis Guillaume Gueglielmi, 1945) und schließlich „fragwürdig“ das Flehen einer Frau nach Liebe in Take a chance on me (Björn Alvarus, Benny Andersson, „ABBA“, 1977) und die Frage nach den Grenzen im Liebessapiel: „Wie weit willst Du noch gehen?“ in Hungriges Herz (Marie Mummert „Mieze Katz“ 2004/Gunnar Spies, 2004)
Nach der Pause begab sich der Chor in zauberhafte welten.
Zunächst wurde sich bei deftigem Schinken kräftig schöngetrunken in Tourdion, einem alten französischen Trinklied (Textunterlegung und Akzidenzfassung Gottfried Wolters, 1965). Nach einem gefühlvollen Somewhere over the rainbow (Edgar Yipsel Harburg/Harold Arlen, 1938) mit einer eingebauten Techno-Adaption (Maruscha Gleiß, 1993) mit einem faszinierenden Echo-Effekt (3 Stimmen) aus dem Musiklichtspiel „Der Zauberer von OZ“ ging es dann mit Blubbern und Pompomlautmalerisch in die Unterwasserwelt in Octopus’s Garden (Richard Starkey „Ringo Star“, 1968/George Harrison, „The Beatles“, 1969), den ein Krake vor seine Höhle angelegt hatte. Die Titelmelodie zum Computerspiel „Civilization IV“ BabYetu (Text Matthäus 6,9-13 „Vater unser“/Christopher Tin, 2005) beendete dann diese Rubrik. Hier sei das sehr schöne Solo von Wendelin Voss-Lopez (t) erwähnt.
Auch ideale wurden hoch gehalten:
Dem bekannten und immer aktuellen deutschen Volkslied Die Gedanken sind frei (Volksgut, ca. 1815) mit interessanten Rhythmuswechseln folgten mit Colors of the wind (Stephen Schwartz/Alan Menken, 1995) aus dem Film „Pocahontas“ und Emegency (Blyth Pepino, 2019)zwei Stücke zum Thema Bewahrung der Umwelt/Letzte Generation. Letzteres wurde nur von den Frauen gesungen, während die Männer symbolisch am Boden festgeklebt saßen.
Die Anrührbarkeit wurde in dem schwedischen Stück Kärlekens Tid „Rör vid mig nu“ (Ylva Eggehorn/Göran Bror Andersson, 2003 Arr. G.A.Andersson und Göran Arnberg, 2004) durch die Ausgewogenheit von leisen und lauteren Stellen im Lied sehr ergreifend verdeutlicht.
Den Schluss bildete Lord, grant us peace (Colin Mawby,2007, entstanden aus dem lateinischen Da pacem Domine), ein derzeit sicherlich angebrachter Wunsch.
Viele dieser Lieder wurden von Axel Schaffran arrangiert und auf den kleinen, aber feinen Chor (inzwischen auf etwa 20 Mitglieder angewachsen und verjüngt) zugeschnitten, was sich dann in ausgewogenem einfühlsamen Klang widerspiegelte.
Bei einem Teil der Stücke begleitete Vera Stab den Chor am Klavier.
Die Zusammenstellung so unterschiedlicher Musikstücke aus vielen Epochen ist ein Merkmal des Chores und begeistert immer wieder die Zuhörer. Diese wurden dann mit der Zugabe We’ll meet again (Ross Parker/Hughie Charles, 1939) auf den Heimweg entlassen.
Weitere Infos: https://chor.desy.de/
Hajo Wiethoff
Fotos
