Konzert

Sein Joch ist sanft, leicht seine Last! Halleluja!

Hamburger Oratorienchor führt den Messias von Georg Friedrich Händel in der Laeiszhalle auf

Der Hamburger Oratorienchor setzt sich aus 3 Chören zusammen: Der Hamburger Oratorienchor Altona, der Hamburger Oratorienchor Barmbek sowie der Brahms-Chor Bergedorf agieren jeweils getrennt, für gemeinsame Auftritte wird gemeinsam geprobt.

Die Symphoniker Hamburg begleiten den Chor. Als Solisten hören wir Lea Bublitz im Sopran, Marlene Lichtenberg im Alt, Michael Connaire im Tenor und Dávid Csizmár im Bass. Die Leitung hat Thekla Jonathal, seit 1998 dirigiert sie die einzelnen Chöre und auch den gesamten Chor. Neben ihrer Tätigkeit als Chorleiterin –  auch als Leiterin von Chorseminaren – ist sie als Gesangssolistin im In- und Ausland tätig.

Georg Friedrich Händel wurde 1685 in Halle geboren und starb 1759 in London. Er komponierte zahlreiche Opern und Oratorien. Der Messias (nach Händel in englischer Sprache) entstand 1741 innerhalb nur weniger Wochen. Eigentlich wollte Händel in dieser Zeit nicht schreiben: Er war entmutigt von den Misserfolgen seiner Opern „Imeneo“ und „Deidamia“, so dass er in der Saison 1741/42 eigentlich kompositorisch gar nichts unternehmen wollte.Wegen die Möglichkeit, an einer Konzertreihe in Dublin teilzunehmen, ließ Händel sich von seinem Librettisten Charles Jennens jedoch zur Komposition des Messias überreden. Hierzu griff Händel, wie es damals auch Bach handhabte, auch auf frühere Werke zurück. Charles Jennens traf die Auswahl der Bibelverse aus der englischen Übersetzung der Heiligen Schrift, der ‚King-James-Bibel‘, und dem ‚Book of common Prayer‘. Am 13. April 1742 wurde das Werk in Dublin uraufgeführt und war ein großer Erfolg. Die deutsche Erstaufführung fand 1771 in Hamburg statt.

Thekla Jonathal hat sich für eine Aufführung des Messias in der 1789 entstandenen Bearbeitung von W.A. Mozart entschieden. Hier wird das Werk in deutscher Sprache gesungen. Mozart besetzte einige Arien mit anderen Stimmen und setzte die Blasinstrumente anders ein. Der deutsche Text stammt von Christoph Daniel Ebeling. Die Erstaufführung dieser Version des Messias fand am 6. März 1789 in Wien statt.

Der Messias besteht aus drei Teilen: Der erste Teil befasst sich mit den Prophezeiungen, dem  Warten auf den Messias bis hin zur Geburt Jesu. Im zweiten Teil stehen die Leidensgeschichte Jesu, die Kreuzigung und die Auferstehung im Mittelpunkt. Der dritte Teil befasst sich mit der Erwartung und Wiederkehr Christi.

Die Laeiszhalle ist sehr gut besucht. Andächtig, diesem großen Chorwerk angemessen, betreten die ca. 125 SängerInnen die Bühne. Sie geben ein hübsches Bild ab mit der aufeinander abgestimmten, festlichen Kleidung. Es folgen das Orchester, nach kurzem Nachstimmen die Solisten und Thekla Jonathal.

Verheißung und Geburt Christi

Der Messias beginnt mit einem Orchestervorspiel, einer Symphonie, ein zuerst langsam, dann lebendig und schnell komponierter Satz. In der Barockmusik entspricht dies einer französischen Ouvertüre. Es folgt ein Tenor-Rezitativ. Unglaublich zart besingt der Solist die Ankunft des Messias mit den Worten: ‚Tröste dich, mein Volk. Bereitet dem Herrn den Weg‘. Später stimmt der Chor in einem frohen Chorsatz ein: ‚Denn es ist Gott, der es verheißen hat‘. Auch der Bassist verkündet die erhoffte Ankunft Jesu. Während er zunächst noch bestimmt, in schnellen Läufen, singt: ‚Noch eine kleine Zeit, und ich bewege den Himmel und die Erde’, fragt er später sanft wiegend, dann zweifelnd: ‚Doch wer wird ertragen den Tag seiner Ankunft?‘. ‚Und er wird reinigen die Kinder Levi‘ singt der Chor anschließend in einer sehr schnellen Fuge, und hier hören wir zum ersten Mal  seine Perfektion in diesen kurzen Sechzehntel-Sequenzen. Weitere Prophezeiungen werden besungen: ‚Oh du, die Wonne verkündet in Zion‘ mit warmer, ausdrucksvoller Stimme zunächst von der Altistin, später setzt auch der Chor ein.

Und endlich: ‚Uns ist zum Heil ein Kind geboren‘, eine Fuge, die im Pianissimo zunächst von wenigen Chorstimmen gesungen wird, dann das ‚Wunderbar, Herrlichkeit und Rat’ im Fortissimo: So trägt der Chor die frohe Botschaft hinaus. Es ist geschehen, und das strahlt der Gesang mit jedem Ton aus. Welch wunderbare Chornummern Händel geschaffen hat, und wie präzise und dabei fröhlich der Chor das umsetzt!

Es folgt ein Teil, der auch gut in die Weihnachtszeit passt. Tatsächlich bestanden Weihnachtskonzerte zu Händels Zeit oft aus diesem ersten Teil des Messias und dem Halleluja.

Nach der Pifa, eine dreistimmige ruhige Komposition im 3/4 Takt, die wie ein Wiegenlied anmutet, wird die Geburt des Messias gefeiert. Wir hören Texte wie ‚Und sieh! Der Engel des Hern trat zu ihnen‘, und ‚Ehre sei Gott in der Höhe‘. In dieser Phase tritt, passend zum freudigen Ereignis, erstmalig die Sopranistin auf. Sie singt von Engeln, und wir hören Engel – klar, präzise, glanzvoll. Die Tenorarie ‚Erwach zu Liedern der Wonne’ mit den fröhlichen Läufen klingt freudig, die schnellen Phrasen singt der Tenor leicht und genau. Im ‚Frohlocke, du Tochter Zion‘ beginnt der Chor bestimmt im Forte und endet zart hinweggleitend im Pianissimo. Wir hören die Sopranistin sanft und tröstend: ‚Er weidet seine Herde … Kommt her zu ihm, die ihr mühselig seit‘. Der Chor beendet den ersten Teil mit der kurzen, so leicht gesungenen Fuge: ‚Sein Joch ist sanft‘.

Passion und Auferstehung

Der Beginn des zweiten Teils ist geprägt von der Leidensgeschichte Jesu. Hier hören wir die tiefen Stimmen in den Soli, und viele Choranteile. ‚Kommt her und sehr das Lamm‘, singt der Chor. ‚Er ward verschmähet‘, hören wir mit wunderbar warmer Stimme die Altistin. Ein Stakkato in den Streichern unterstützt thematisch den Mittelteil ‚Er gab den Schlägen seinen Rücken‘. Die Wiederholung des ersten Teils klingt zart, wie ein Hauch, aus. ‚Wahrlich, wahrlich, er litt unsre Qual‘ bekräftigt der Chor, dann übergangslos wie eine Hymne die Verheißung ‚Durch seine Wunden sind wir geheilet’. Beim anschließenden ‚Wie Schafe gehn’ zeigt der Chor wieder seine Kompetenz, wenn er den Lauf der Herdentiere durch leise, schnelle, präzise gesungene Sechzehntelläufe Realität werden lässt. Den Schluss ‚Und der Herr hat nur auf ihn unsre Schulden hingewälzt’ singt er in zartem Piano aus. Im Rezitativ: ‚Und alle, die ihn sehen, sprechen ihm Hohn‘ und dem darauf folgenden Chor: ‚Er trauete Gott, dass der ihn befreite‘ wird reales Geschehen dargestellt: Das Volk verhöhnt Jesus ob seines Vertrauens zu Gott. Hier deutet sich die Auferstehung an, gefestigt durch die Sopranarie ‚Doch du ließest ihn im Grabe nicht‘. Es kann keinen Zweifel geben. Und so singt der Chor den Satz ‚Machet das Tor weit dem Herrn‘, ein Lobgesang auf den König der Ehre, den Gott Zebaoth. Auch die folgenden Arien und Chorsätze erzählen vom Sieg des Lebens über den Tod. ‚Der Herr gab das Wort‘, ‚Wie lieblich ist der Booten Schritt‘‚ ‚Ihr Schall gehet aus in jedes Land‘. Der Bass singt in seiner Arie ‚Warum entbrennen die Heiden’ von rasenden Völkern, der Text wird musikalisch durch schnelle Läufe umgesetzt und vom Solisten locker präzise gesungen. ‚Du zerschlägst sie mit dem Eisenzepter‘, so bekundet der Tenor noch einmal mit festem Gesang den Sieg Gottes.

Den zweiten Teil beschließt das Halleluja. Viele Zuhörer könnten es mitsingen, viele Chöre haben es schon irgendwo untergebracht, im Gottesdienst oder in der Messe, bei einem Konzert. Es gehört zu den am meisten aufgeführten Stücken der Musikliteratur. In manchen Teilen der Welt, besonders in England, steht das Publikum dazu auf. Wir hören einen großartigen Chor, bestimmt gesungen in den Fugen zu ‚Und er regieret von nun an und ewig‘ und bei ‚Herr der Herrn‘. Pauken, Posaunen und Trompeten bekunden den Sieg. Strahlend ertönt das letzte ‚Halleluja‘.

Erwartung und Wiederkehr Christi

Der dritte Teil ist bestimmt durch Ernsthaftigkeit und Reduzierung der Instrumente. Diese Zurückhaltung soll Ausdruck des Unaussprechlichen, Unbegreiflichen sein. ‚Ich weiß, daß mein Erlöser lebet‘ hören wir den Sopran zu Beginn. ‚Wie durch Einen der Tod‘ singt der Chor a cappella, zart und leise, wie von Ferne, dann, mit Orchesterbegleitung ‚So kam durch Einen die Auferstehung von dem Tod‘ im Forte, bestimmt und fest. Noch einmal im Piano ‚Denn wie durch Adam alle sterben’ und wieder klar und überzeugt ‚Also wird wer starb, durch Christum auferweckt’. Der Chor bringt den Kontrast sehr gut zur Geltung, die Texte sind verständlich gesungen. Die Bass Arie ‚Sie schallt, die Posaun‘’ weicht von der zurückhaltenden Linie ab,Trompeten spielen passend zum Text, zum Sieg über den Tod. ‚O Tod, wo ist dein Pfeil‘ singen dann auch die Altistin und der Tenor im Duett. In der Schlussfuge verherrlicht der Chor das Opferlamm: ‚Alle Gewalt und Preis und Macht und Ruhm und Lob sei ihm‘. Er beginnt majestätisch, passend zu den ersten Worten ‚Würdig ist das Lamm‘ und führt diese Linie bis zu den Schlussworten fort: ‚Von nun an und ewig‘.

Der Messias endet in einer gewaltigen, furiosen Fuge, wie ein Gebet, mit einem ‚Ja, so sei es‘, dem

AMEN

„Ich würde es bedauern, wenn ich sie nur unterhalten würde. Ich wollte, dass es Ihnen besser geht.“

(Georg Friedrich Händel zum Messias)

Der Applaus beweist es.

Marlies Radtke

Fotos

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