Hauptsache dein Herz singt
Total Tonal im Kulturhaus Eidelstedt
Ein schönes Motto hat sich der acapella Chor Total Tonal auf das Programmheft geschrieben. Noch schöner ist wie und dass der Chor unter der Leitung von Ute Ehrenstein es im Laufe des Abends in Musik umsetzt.
Um 19.00 Uhr startete das Programm im Kulturhaus in Eidelstedt. Draußen war es kühl, nass und insgesamt ungemütlich, doch Total Tonal hatte das perfekte Gegenmittel. „Mit Guten Abend, liebe Gäste, wir erfreuen euch aufs Beste“, aus Väter der Klamotte, gelang ein fröhlicher und gut gelaunter Einstieg. Und wenn es dann mit „With a little help from my friends“ von den Beatles weitergeht, fühlt man sich wirklich sehr willkommen und wird fasziniert von der Umsetzung und dem facettenreichen Arrangement von Jens Johansen. „Ich seh dich“ hören die Gäste, ganz zart romantisch beginnt dieser Song, der im Original von Maybebop stammt. Oliver Gies, Mitglied des acapella-Quartetts, hat es arrangiert.
Vokalchöre singen wieder Volkslieder erzählt Ute Ehrenstein und Total Tonal lässt gleich ein Beispiel dazu folgen. „Wenn ich ein Vöglein wär“ hatte großen Anteil am folgenden Lied, aber auch „Kommt ein Vogel geflogen“ spielte eine musikalische Rolle in einer fesselnden Kombination. Von der dänischen Komponistin und Arrangeurin Line Groth stammt diese Idee und die Sängerinnen und Sänger setzten sie in einen vielstimmigen Tonteppich um. Zum Ende ließen die vielen gehauchten Flieg, flieg … eine kleine märchenhafte Situation entstehen, in der man allerdings nicht lange versinken konnte. Es folgte eine Hymne. Musik und Text kommen von Vienna Teng, das Arrangement von Kerry Mash und insgesamt kam eine Überraschung für das Publikum. Die „Hymn of Axciom“ handelt von der virtuellen Welt, der Huldigung der Algorithmen, der damit verbundenen Problematik, es geht um Überwachung und die Gefahr der mangelnden Privatsphäre im Zeitalter des Internets. Dieser acapella-Chor kann leise und sehr leise Töne, er beherrscht auch die Umsetzung einer Hymne, die gerne einmal laut wird und versteht sich auf starke Gegensätze: Gelungen!
Danach ging es nicht etwa in eine Pause, sondern zu dem Duett Achim & Rolf mit einem kleinen Intermezzo aus fünf Jahrzehnten Musikgeschichte. Eine Handvoll Musik nannte das Duo, das sich an den Gitarren begleitete, seine Auswahl. Sie begann, in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts mit „Tanz“ von Liederkünstler Stefan Stoppok und der Aufforderung, Beweg dein Herz zum Hirn, schicke beide auf die Reise. Tanz, aber dreh dich nicht im Kreise… Wiederum von den Beatles war das hintergründige „The long and winding road“ vom Album Let it be. Aus den 80igern folgte von The Church „Under the milky way! 1992 veröffentlichte Peter Gabriel sein Album US u.a. mit dem Titel „Washing of the Water“, von dem das Duo seine einprägsame Version sang und spielte. Wie schon zu Beginn folgte Stoppok, diesmal mit einem ansprechenden „Mal dein Herz an“. Das Publikum war aufgefordert mitzusingen, das gelang nach und nach und wurde von den Choristen/innen verstärkt, die wieder die Bühne betraten. (Der zu Chören gut passende Liedtext steht am Ende des Artikels.)
Im zweiten Teil dreht der Chor auf, so hieß es bei den einleitenden Worten. „So lang` man Träume noch leben kann“ hieß das Beweislied von der Münchner Freiheit, arrangiert von Oliver Gies. Weiter ging es mit „September“, arrangiert von Martin Carbow und im Original gesungen von Earth, Wind & Fire. Es gab keine Chance etwa wegzudriften, die Töne flogen durch den Raum. Arrangiert von Thomas Held folgte ein energiegeladenes „Girls Girls Girls“ von Sailor. Was so eine Kapitänsmütze doch so alles ausmachen kann, sie waren die einzigen, aber eindrucksvollen Requisiten auf der Köpfen der Bässe und Tenöre. Aber nicht nur das war bemerkenswert, vor allem wurde wieder a capella vom Feinsten geboten. Gegensätze blieben der Rote Faden des Abends. Sting schrieb nach dem Tod seines Vaters einen Song, mit dem er fragte „Why should I cry for you“. Total Tonal gab eine weitere Facette seines Singen Könnens preis, ergreifend, lyrisch, wehmütig, Melodien malend. Da passt, was die Chorleiterin Ute Ehrenstein auf der Website schreibt: Ich liebe es, wenn die anfänglichen krummen und schrägen Töne zu einer wunderbaren Harmonie erwachsen.
Kein gelungener Abend ohne Zugabe, „Sweet Dreams“ von den Eurythmics schlossen den Abend -fast- ab. Ob die Geschichte dazu, dass das Lied in weniger als einer Stunde entstanden sei, nun stimmt oder nicht, unterhaltsam war sie in jedem Fall.
Ein Dankeschön geht an die Moderationen des Abends, die die Geschichte zu oder Geschichten rund um die Lieder an das Publikum weitergaben und so für viel Verstehen und Nähe sorgten. Der Abend voll vergnüglicher musikalischer Unterhaltung endete mit einem allerletzten Lied und vielen guten Wünschen: „Ruhe“ von der HörBänd aus Hannover.
Etwa 30 Sängerinnen und Sänger in die verschiedensten Töne Weiß, Rot, Schwarz und auch etwas Glitzer gekleidet, standen in Eidelstedt auf der Bühne und schenkten dem Publikum einen wunderbaren und bunten a capella-Abend. Es war das letzte Konzert von Total Tonal in diesem Jahr vor dem voll besetzten Kulturhaus in Eidelstedt. Nun darf man sich auf ein neues Programm im nächsten Jahr freuen. Die Ideen dazu werden auf der Website des Chores zu finden sein, vielleicht stammen dann einige von der fröhlichen After-Show-Party, zu der die Chorleiterin auch das Publikum mehrfach eingeladen hatte.
Und wer mehr wissen möchte:
Auf der Website des Chores https://totaltonal.de/ stehen die künftigen Pläne, detaillierte Informationen rund um den gesamten Chor und eine spannende Chronik, die immerhin über 30 Jahre Chorgeschichte umfasst.
Gesucht wird Zuwachs im Chor und wer da gerne dabei sein möchte findet alles Nötige unter https://totaltonal.de/kontakt.html, übrigens auch, wie man den Chor buchen kann.
Zu den Vocal-Coaches, Künstler, Arrangeure ….
Die Geschichte des erfolgreichen a capella- Popquartetts Maybebop liest sich bei Wikipedia so: https://de.wikipedia.org/wiki/Maybebop
und wer mehr über das Multitalent Martin Carbow wissen möchte: https://carbow.net/
Infos zu Thomas Held gibt es untere https://www.borg-kindberg.at/cfy/thomas_held.html
und wieder Wikipedia zu Stoppok https://de.wikipedia.org/wiki/Stefan_Stoppok
nach Dänemark geht es zu Line Groth http://linegroth.dk/
Stefan Stoppok
Mal dein Herz mit Farbe an.
Möglichst bunt, steck `ne Rose dran.
Dann stell dich auf den höchsten Berg.
Breit‘ die Arme aus und zeig der Welt dein Werk.
Sing‘ dazu ‚ne schöne Melodie,
mit klarer Stimme, ganz egal wie,
ob die Töne stimmen oder es schief klingt,
Hauptsache dein Herz singt mit,
Hauptsache dein Herz singt.
Gertrud Krapp