Konzert

Die ‚Unvollendete‘ von W.A. Mozart

Das Requiem zum Ewigkeitssonntag in der Christianskirche

Das Kirchenjahr neigt sich dem Ende zu. Es ist die Zeit des Innehaltens und Gedenkens. Zum letzten Sonntag des Kirchenjahres führen der ChorAltona, die Capella Peregrina und das Kleine Kantatenorchester Altona zusammen mit Gästen am 19.11.2022 im Rahmen der KlangRäume e.V. Konzertreihe das Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart auf. Das Konzert findet in der Christianskirche in Ottensen statt, die bis auf den letzten (Steh-)Platz gefüllt ist. Die Leitung hat Burkhard Nehmiz in Vertretung von Ute Weitkämper, die erkrankt ist.

Der Verein KlangRäume e.V. wurde 2010 von Ute Weitkämper gegründet. Ihm gehören die beiden Chöre und das Orchester an. Der ChorAltona widmet sich mit seinen rund 40 SängerInnen sowohl geistlicher als auch weltlicher Chormusik. In der Capella Peregrina singen 9 SängerInnen seit 2007 bis zu achtstimmige Chormusik quer durch alle Epochen. Die Leitung beider Chöre hat Ute Weitkämper. Das Kleine Kantatenorchester wurde bereits 2004 von ihr gegründet und steht ebenfalls unter ihrer Leitung. Als Solisten hören wir Ulrike Bremer und Wiebke Kaiser (Sopran), Astrid Hage und Esther Soltau (Alt), Jonathan Gable im Tenor und Stefan Kreutz im Bass.

W.A. Mozart schrieb das Requiem 1791, in seinem Todesjahr. Er erkrankte während dieser Arbeit schwer und konnte sie nicht vollenden, man schreibt seiner endgültigen Komposition etwa zwei Drittel des Werkes zu. Da Mozart von Graf Franz von Walsegg beauftragt worden war, das Requiem zu schreiben, hatte er die Hälfte des Honorars bereits im Voraus erhalten. Um auch die zweite Hälfte zu bekommen, beauftragte seine Witwe Constanze nach seinem Tod Franz Xaver Süßmayr, einen Schüler Mozarts, die Arbeit auf der Grundlage von Mozarts Skizzen und Aufzeichnungen zu vollenden. Die Uraufführung fand am 2. Januar 1793 in Wien statt. Das Requiem zählt heute zu den am meisten beachteten Kompositionen Mozarts.

Passend zur Haupttonart des Requiems, d-Moll, fehlen die hohen Bläser. So wird die ernste, dunkle Stimmung erzeugt, die Mozart zu dieser Zeit der Pest und des Sterbens erlebt hat. Zu hören ist das direkt zu Beginn im Introitus beim ‚Requiem aeternam‘. Leise und geheimnisvoll beginnen die Streicher, dann die Blechbläser, 2 Posaunen und eine Bassposaune, anschwellend, bis der Chorbass und nachfolgend auch die übrigen Stimmen mit einem kraftvollen ‚Requiem‘ einsetzen, mit der ausdrücklichen Bitte um ewigen Frieden. Hier hat auch eine der beiden Solosopranistinnen einen ersten Einsatz. Ganz zart endet das Introitus im Chor mit der Bitte um das ewige Licht (‚et lux perpetua’).

Das folgende als Fuge nur für den Chor komponierte, recht kurze, aber sehr eindrucksvolle Kyrie steigert sich in seiner Intensität und stellt für den Sopran in der Höhe eine Herausforderung dar, die problemlos gemeistert wird. Es endet in einem kurzen, langsamen, letzten eindringlichen ‚Kyrie eleison‘.

Zornig klingt in der Sequenz das ‚Dies irae‘ im Chor. Im nachfolgenden ‚Tuba mirum‘ singen alle Solisten, beginnend im Bass, mit kleinen Soloarien, um dann im Tutti abzuschließen. Das ‚Rex tremedae‘ beginnt im Chor der Bedeutung des Textes gemäß gewaltig (König gewaltiger Herrlichkeit). Im Gegensatz dazu ganz leise gelingt die abschließende Bitte ‚Silva me – rette mich‘. Bravo! Das ‚Recordare‘ ist wieder dem Soloquartett vorbehalten. Es beginnt mit einem warmen Altsolo, mit kurzen Solopassagen in allen Stimmen, abgelöst von gemeinsamen Passagen. Das ‚Confutatis‘ ist bestimmt von einem Wechselgesang, der in den Männerstimmen beginnt. Rhythmisch und im forte singen sie das ‚Confutatis maledictis‘ (wenn die Verdammten zugrunde gehen), im Gegensatz dazu der Einsatz der Frauenstimmen mit einem wunderbar zarten ‚voca me cum benedictis‘ (rufe mich mit den Seligen) einsetzen. Gemeinsam und leise endet der Satz erst im Chor, dann in den Streichern und geht direkt in das ‚Lacrimosa‘ über, das ebenso mit den Streichern beginnt. Der Chor vermittelt den Text (tränenreich ist jener Tag) sehr ausdrucksvoll, es ist so eine Freude, diesen Klängen zu lauschen. Den Abschluss bildet ein kraftvolles Amen.

Mitten in diesem Stück endet Mozarts Manuskript. Franz Xaver Süßmayr setzte den Satz fort.

Im Offertium beginnt der Chor im Sopran leise mit dem ‚Domino Jesu Christe‘, die Männerstimmen setzten kräftig und punktiert mit ‚Rex gloriae‘ ein. Es entsteht ein Wechselspiel, an dem auch die Solisten beteiligt sind. Der Satz schließt mit dem fugenartigen ‚Quam olim Abrahae‘. Sehr melodisch klingt das Hostie, das Umschalten von Piano- und Fortesequenzen gelingt dem Chor sehr gut. Abschließend wird das ‚Quam olim Abrahae‘ wiederholt. Es wird angenommen, das der Hinweis auf diese Wiederholung der letzte Vermerkt Mozarts zu diesem Requiem ist.

Das Sanctus beginnt gewaltig in allen Stimmen, es folgt eine Fuge zum ‚Osanna in excelsis’, in der der Einsatz des Bass auf den Punkt kommt.

Im Benedictus hören wir noch einmal das Solistenquartett, in dem besonders die Stimmen der beiden Altistinnen warm und weich gesungen werden. Alle 6 Solisten treten auch als ChorsängerInnen auf. Es zeugt sicher für die Güte dieser Chorgemeinschaft, wenn sie auf solchen Schatz zurückgreifen kann. Abschließend erklingt noch einmal die Osanna-Fuge aus dem Sanctus. Gehaucht singt der Chor zum Schluß das ‚Lux aeterna‘.

Der Satz geht unmittelbar in das Agnus Dei über, der mit einem kurzen Sopransolo  beginnt. Noch einmal erklingt die Fuge ‚Cum sanctis tuis‘, die wir schon aus dem Kyrie kennen, froh und leicht vom Chor gesungen.

Das Publikum ist begeistert und honoriert diese wunderbare Aufführung mit langem, immer wieder neu aufbrandenden Applaus. Dann wird uns noch ein Abschlusslied gesungen: ‚God shall wipe away all tears‘ aus der Messe ‚The Armed Man‘ von Karl Jenkins. Gott wird alle Tränen abwischen – so beseelt und getröstet und in Freude auf die kommende Adventszeit gehen wir nach Hause.

Marlies Radtke

Fotos

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